Bau der Anlage

Das Jahr 2021 war noch jung. Corona hatte Deutschland fest im Griff, im Homeoffice gab es nur wenig zu tun und langsam führte die Pandemie zu Übergewicht und Leberschaden. Da erschien Mitte Februar ein Plan für eine kleine Rangieranlage in unserer Trix Express Facebookgruppe. Jörg Cremer hatte ihn dort eingestellt. Der Bau einer kleinen Anlage wäre sicherlich eine gute Medizin gegen den Coronablues – und so begann die Planung der Bamberg-Anlage.
Anlagengröße 250 x 140. Untere Ebene Schattenbahnhof mit 4 Gleisen, 7 Züge abstellbar. Mittlere Ebene Hafen mit Anschlussgleisen, Rundstrecke mit 3 Gleisen im Schattenbahnhof (für 4 Züge), obere Ebene Kopfbahnhof mit BW und Güteranlage.
Gleissystem Trix Express, Steuerung analog, Epoche I. 
Am 13. März 2021 war Baubeginn. Zuvor hatte ich mich mit meinem Vermieter geeinigt, dass ich einen Teil eines Nebenraumes für den Bau nutzen durfte.

Die „Platte“:
Wie auch bei meinen anderen Anlagen baute ich einen Rahmen aus Kiefernleisten und MDF Platten. Klingt einfach, war es aber nicht. Denn zum damaligen Zeitpunkt war so manches Baumaterial nicht im Handel erhältlich, wie z.B. 10mm MDF-Platten … ja, es war eine verrückte Zeit.

Anhand Jörgs Plan wurde der Schattenbahnhof gelegt und die Schienen auf Korkbettung verlegt. Dass die Abmessungen 250x140 für eine mehrgeschossige Anlage eigentlich zu wenig sind, zeigte sich immer wieder – sollte die Steigung 3% nicht übersteigen. So sind die Höhen der Etagen wirklich nicht optimal und der Zugriff zu den Schattenbahnhöfen schwierig.

Weiter ging es mit der zweiten Ebene mit dem zweiten Schattenbahnhof und natürlich dem Mittelpunkt der Anlage: Das Hafenbecken mit den entsprechenden Gleisanschlüssen. Immer wieder musste der Gleisverlauf zur Probe aufgelegt werden, insbesondere um die Steigungen zu überprüfen.

Dazwischen entstand das erste „historische“ Gebäude: Die Firma ERBA aus einem Pola-Bausatz. Ein Gleisanschluss um Rohware, Maschinenteile und Fertigprodukte zu transportieren.
Ja, zugegeben, schon 1908 war die ERBA „etwas“ größer als meine – aber jeder fängt ja mal klein an

Der analoge Betrieb erfordert viele abschaltbare Gleise, damit der Spiel- und Rangierspaß groß ist. Dafür bedarf es dann doch eines größeren Schaltpults. Die anfängliche Idee, die Schalter in der Anlage zu verstecken wurden also verworfen.

Auch bei Pola fand sich der Bausatz für das alte Bamberger Schlachthaus – dem Eyecatcher im alten Hafen. Mit viel Farbe und N-Spur Arkaden entstand dieses Modell. Natürlich ist es kein genaues Abbild – aber wer weiß schon, wie um 1900 das Original genau ausgesehen hat und welche Umbauten in den vergangenen 120 Jahren das Erscheinungsbild verändert haben.

Ein Güterschuppen von Kibri passte gut als Lagerhaus am Nonnengraben. Mit weiteren Bausätzen entstand so die Bebauung am Hafen, angelehnt an den Straßenzug „Am Kranen“. Eine Weinhandlung, ein Gasthaus und ein stattliches Sandsteingebäude mit einer gewissen Ähnlichkeit zum Bamberger Hochzeitshaus, später folgte noch das Verlagshaus des Bamberger Tageblatts – dem Vorgänger des heutigen „Fränkischen Tag“.
An der Schmalseite des Hafenbeckens steht das kleine Haus des Hafenmeisters, ein Kolonialwarenhandel und ein Wohn- und Geschäftshaus. Es muss später dem himmelblauen Stammhaus des Juwelier Triebel weichen.

Das gelbe Gebäude an der Straßenecke gefiel mir gut, bis mir bei einem Besuch am Kranen das Gebäude vom Juwelier TRIEBEL mit seiner blauen Farbe auffiel – das „knallt“ dachte ich mir und kaufte den Vollmer Bausatz ein zweites Mal. Nun hat auch das (kleinere) Stammhaus den Platz auf der Anlage gefunden.

100 Schleusen waren im Alten Kanal. Die Schleusenwärterhäuschen gaben die Idee für das kleine Haus des Hafenmeisters und seiner großen Familie.

Dazwischen ging es mit dem Bau der Anlage weiter. Besonders knifflig wurde die Rundstrecke mit dem Haltepunkt Wildensorg. Aufgrund der Höhen- und Platzprobleme wurde sie doch recht steil. Zudem führte die Kurve nach dem Abzweig von der Hafenstrecke zum Spitznamen „wilde Maus“ und wurde in der FB-Gruppe heftig diskutiert. Tatsächlich lässt sie sich prima befahren und es kommt (hier) zu keinen Entgleisungen.

Neben den Steigungen war vor allem die geringe Fläche immer wieder problematisch. So musste die Idee einer Klappbrücke leider verworfen werden. Jeder Zentimeter war heiß umkämpft, wie z.B. bei der hinteren Brücke. Lieber einen flacheren Ranger oder mehr Fläche im Hafen? Wie steil ist eigentlich die Natur? Was lässt sich am Ende gut gestalten? So entstanden die ersten Erhebungen aus Draht und Gipsbinden. Mit Farbe deute ich die zukünftige Vegetation an, um einen Eindruck vom Gesamtbild zu bekommen.

Am Hafen steht ein großes (vorbildloses) Lagergebäude. Mit dem Kran (aus der Bastelkiste) werden die Waren auf die Kähne verladen. Oder von diesen auf die Bahn. Auf der Rückseite ist ein weiteres Ladegleis, auch um Waren von Fuhrwerken in die Güterwägen zu verfrachten.

Aus einem landwirtschaftlichen Schuppen entstand das Petroleumlager. Zum einen fanden sich bei meinem rollenden Material entsprechende Wagen (es waren mit die ersten, die ich von Märklin auf TE umgebaut habe), zum anderen war ich bei der Recherche zur Anlage auf die Werbung für Petroleumkannen gestoßen. Mit viel Fantasie entstand diese Szene mit den Tanks.
Alle Gebäude, auch die Brücken, sind nur vorsichtig gealtert. Im Gegensatz zur Epoche III Anlage stehen sie ja noch nicht all zulange. Aber natürlich haben u.a. die Kohleöfen der damaligen Zeit die Fassaden schnell verdreckt.

Auch eine Herausforderung war die Zufahrt zum Bahnhof über die große Brücke. Ein Vorbild fand sich in einem Buch über die Kgl. Bay. Staatseisenbahn. Aber nicht nur die große Spannweite, sondern auch der Höhenunterschied waren problematisch. Musste doch die Bahnhofsplatte hoch genug über dem oberen Schattenbahnhof liegen. Aus einem Kibri-Viadukt, einer Hack-Brücke und Resten aus der Bastelkiste entstand das eindrucksvolle Bauwerk. 

Bei anderen Anlagen habe ich gerne Mauer- und Straßenplatten verschiedener Hersteller aus Pappe verwendet. Für Kaimauern und Kopfsteinwege suchte ich diesmal schönere Lösungen. Sie entstanden mit Spoerle-Gießformen. Ich weiß nicht, wie viele ich gegossen habe … Knifflig war die farbliche Gestaltung. Erst mit unterschiedlichen Dispersionsfarben, später entdeckte ich Wasserfarben für mich!

Bevor es an die 3. Ebene ging, musste das Bahnhofs-Problem gelöst werden. Epoche I in Franken. Der Bamberger Bahnhof ist aus Sandstein, so wie manche andere in der Region auch. Nach langem Suchen fand sich ein geeignetes Faller-Modell (Volgelsheim). Das Vorbild steht zwar im Elsaß, aber der Sandsteinbau passt sicherlich nach „Gaustadt“. Aus dem Sanitäranbau entstand die Poststation mit eigenem Anschlussgleis.
Gütergebäude und Lokschuppen sind Ziegelbauten und fanden sich u.a. bei Auhagen.

Damit die Lokomotiven im Kopfnahhof gedreht werden können, bedarf es einer (kleinen) Drehscheibe. Epochengerecht fand sich nichts überzeugendes, so dass ich eine Fleischmann Scheibe umbaute. Sie bekam eine längere Bühne um auch größere Maschinen zu bewegen. Allerdings ist sie ohne Antrieb und lässt sich – trotz endloser Versuche – nicht richtig befahren. Also wird per Hand gedreht. Naja – wir sind ja um 1900…

Auch wenn man 2021 digital planen kann, ich bin ein großer Freund vom Ausprobieren. Gerade der Gleisplan vom Bahnhof wurde immer wieder neu gelegt und dann in Facebook heiß diskutiert.
Ja, vielleicht hat er zu viele Gleise und Weichen für eine Vorortstation – aber im Spielbetrieb hat er sich bewährt. Insgesamt 10 Gleise sind abschaltbar, da macht das Rangieren und Zusammenstellen der Züge richtig Laune.

Die Anlage ist zu klein! Und damit der Abstand zwischen Bamberg Innenstadt und Vorort Gaustadt viel zu eng! Wie kann man die Trennung optisch kaschieren? Fährt man von Bamberg nach Gaustadt kommt man am „Abtsberg“ vorbei – einer bewaldeten Anhöhe. So entstand der vielleicht teuerste Teil der Anlage. Geschickt wurden die Gebäude direkt in den Berg hinein gebaut – bzw. der Hang an die Gebäude gelegt. Tatsächlich schaut es im Original ähnlich aus.

Bahnbauten waren in der Epoche I keine nüchternen Zweckbauten. Sie strahlten Stärke und Stolz aus. Tunnelportale wirkten wehrhaft, wie Trutzburgen. In der Literatur finden sich zahlreiche Vorbilder. Auf der Strecke zwischen Erlangen und Forchheim findet sich der Burgbergtunnel. Er inspirierte mich für die Portale auf meiner Anlage. Wichtig waren mir unterschiedliche Modelle – je nach Platz durften sich verschieden Baumeister verwirklichen.

In einer Schachtel fanden sich Helden meiner Kindheit – Reiterfiguren. Husaren. Bamberg war der Standort der Ulanen, einer berühmten Reitereinheit. Nein, die haben nichts mit dem Bamberger Reiter zu tun. Dank entsprechender Vorbildaufnahmen und viel Farbe wurden aus wilden Husaren treue Ulanen, die in einer Ecke der Anlage ihren „Hauptsmoorwald“ mit seinen Kiefern und Sandboden gefunden haben. Die anderen Bewohner stammen aus der Preiser Serie „um 1900“ und vielen anderen Figuren, die gemäß der Vorbildaufnahmen zum Thema passen oder mit Farbe passend gemacht werden.

Besonderen Reiz hat die Anlage sicherlich auch durch die Beleuchtung. Im Netz finden sich die ehemals unbezahlbaren Brawa-Leuchten inzwischen recht günstig – insbesondere die ohne LED-Technik. Nach und nach wurde die gesamte Anlage beleuchtet. Auch am Tage ergänzen die filigranen Leuchten das Straßenbild. Damit nicht alle Fenster eines Gebäudes leuchten, baue ich keine Lichteinsätze ein, sondern verklebe einige Fenster mit schwarzem Karton.

„Wasser marsch“ – lange habe ich mich davor gedrückt. Zahlreiche Videos angeschaut und Literatur gewälzt. Ich wohne direkt am Rhein-Main-Donau-Kanal, habe das Vorbild also vor Augen. Zudem hatte ich Bilder vom alten Kanal bei der Kanalbrücke und in der Bamberger Altstadt.
Zunächst strich ich mehrfach mit einer Farbe von Woodland den Hafengrund. Nur im Bereich des Kanals/Kanalbrücke wurde das Ufer gestaltet und der Grund – im Hafen ist das Wasser zu aufgewühlt, da kann man nicht auf den Grund schauen.
Mit viel Mut habe ich dann mit „schmutzigem Wasser“ von Woodland das Hafenbecken befüllt. Leider war es im Raum zu kalt und die Trocknung dauerte mehrere Tage. Das Ergebnis war genial. Vor allem auch die Nachtaufnahmen, wenn sich die Laternen im Wasser spiegeln.

Nun war es Zeit, die Schiffe und Kähne zu Wasser zu lassen. ARTITEC bietet hier wunderschöne Modelle, die perfekt die Originale wiedergeben.
Aber der Hafen liegt nicht still und starr wie der See im Weihnachtslied. Da ist Bewegung, unregelmäßige Wellen. Mit xxx von Woodland und einem Pinsel wurden diese gestaltet. Ein sch… Gefühl – wenn das nicht gelingt, ist die ganze Anlage versaut! Das Hafenbecken ist DER Blickfang der Anlage!
Doch das Werk gelang – und wie!!! Der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt!

Ende Teil 2

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